Funktionelle Zuständigkeit
Die funktionelle Zuständigkeit (auch funktionale Zuständigkeit genannt) ist für die Parteien eines Gerichtsverfahrens meist von weniger großer Bedeutung als die örtliche und sachliche Zuständigkeit. Denn während die örtliche und sachliche Zuständigkeit von der Partei selbst ermittelt werden muss, um ein Verfahren am zuständigen Gericht einleiten zu können, ermittelt das Gericht den funktionell zuständigen Mitarbeiter bzw. die funktionell zuständige Abteilung, Kammer oder Senat selbst. Im Einzelfall kann eine Partei die funktionelle Zuständigkeit aber auch beeinflussen: Das klassische Beispiel sind Streitigkeiten aus dem Handelsrecht (Handelssachen), die am Landgericht sowohl vor den allgemeinen Zivilkammern als auch vor speziellen Kammern für Handelssachen verhandelt werden können. An die Kammer für Handelssachen gelangt die Streitigkeit jedoch nur, wenn eine Partei dies beantragt. Ansonsten entscheidet die allgemeine Zivilkammer, ohne das Verfahren eigenständig an die Kammer für Handelssachen abgeben zu können. Mit anderen Worten können in Handelssachen am Landgericht also beide Parteien die funktionelle Zuständigkeit beeinflussen.
Für die Bestimmung der funktionellen Zuständigkeit muss zunächst bestimmt werden, welche Art von Mitarbeiter für die Entscheidung zuständig ist. Grundsätzlich werden die Entscheidungen an Gerichten entweder von einem (oder mehreren) Richtern getroffen oder aber vom Rechtspfleger. Sollte es keine andere Regelung geben, ist der Richter zuständig. Dies gilt insbesondere für Urteile, häufig aber auch für verfahrensbestimmende oder -abschließende Beschlüsse. Dagegen ist der Rechtspfleger häufig für verfahrensbegleitende Entscheidungen zuständig, im Klageverfahren etwa für die Kostenfestsetzung. Außerdem sind Rechtspfleger häufig in Registersachen zuständig, beispielsweise für Eintragungen ins Handelsregister oder auch das Grundbuch. Dabei kann die Entscheidung eines Rechtspflegers immer durch einen Richter überprüft werden, wenn die durch die Entscheidung beschwerte Partei dies beantragt. Die Überprüfung geschieht grundsätzlich im Wege der sogenannten Erinnerung, teilweise aber auch im Wege der (sofortigen) Beschwerde.
Ist ein (oder mehrere) Richter zuständig, muss zudem bestimmt werden, welcher Spruchkörper des Gerichts, dem der oder die Richter angehören, zuständig ist. Für das Zivilrecht gilt dabei folgendes: Am Amtsgericht heißen diese Spruchkörper Abteilungen, wobei eine Abteilung mit jeweils einem Richter besetzt ist. Am Landgericht heißen die Spruchkörper Kammern, die mit drei Richtern besetzt sind; in vielen Fällen entscheidet die Kammer am Landgericht aber auch nur durch einen Richter, dem sogenannten Einzelrichter. Die Spruchkörper am Oberlandesgericht und heißen dagegen Senate und sind ebenfalls mit drei Richtern besetzt, währen die Spruchkörper am Bundesgerichtshof zwar auch Senate heißen, allerdings mit fünf Richtern besetzt sind. Jede Kammer und jeder Senat hat einen Vorsitzenden Richter, der das Verfahren leitet. Bei der Entscheidung hat der Vorsitzende aber keine besonderen Befugnisse. Vielmehr kommt dem Vorsitzenden genau dasselbe Stimmrecht und Stimmgewicht zu, wie den übrigen Richtern des Spruchkörpers (auch Beisitzer genannt).
Außerhalb des Zivilrechts ist die Benennung und Besetzung ähnlich. Beispielshaft sei noch das Strafrecht aufgeführt: Dort wird am Amtsgericht zwischen dem Strafrichter (Einzelrichter) und dem Schöffengericht (ein Berufsrichter mit zwei Laienrichtern, den sogenannten Schöffen) unterschieden. Am Landgericht gibt es dagegen wieder Kammern, die mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt sein kann. Dann handelt es sich um eine kleine Strafkammer, die über Berfungen gegen Urteile des Amtsgericht entscheidet. Darüber hinaus gibt es die große Strafkammer, die unterschiedlich besetzt sein kann (§ 76 GVG). Ein Sonderfall der großen Strafkammer ist das Schwurgericht, welches über besonders schwere Straftaten entscheidet. Am Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof spricht man in Straf- wie auch in Zivilsachen von Senaten.